Gespräch mit Ernst Pohn


Warum drehen Sie immer wieder in Amazonien?

Der Rio Negro hat's mir angetan. Ich hab den Fluss gesehen und wusste, das ist mein Ort. Eine solche Begegnung gibt's wahrscheinlich nur einmal im Leben.

 

Was zeichnet die Menschen in Amazonien aus?

Unerschöpfliche Geduld, schwierigste Lebensumstände zu ertragen, und ein einmaliges Improvisationstalent im Meistern auswegloser Situationen.

 

Warum gerade ein Film über das Fliegen in Amazonien?

Aus Liebe zur Fliegerei und weil sie in Amazonien eine besondere Rolle spielt. Das brasilianische Amazonien ist immense 5 Millionen Quadratkilometer groß, Flugzeuge sind das Fortbewegungsmittel, wo es keine Straßen gibt und die Alternative tage- und wochenlange Flussfahrten sind. Und weil sich Fliegern die Vogelperspektive eröffnet; damit haben sie einen anderen, umfassenderen Blick auf die Welt.

 

Wie haben Sie die beiden Hauptfiguren gefunden?

Ich habe mich mit zwölf Piloten unterhalten und die Gespräche aufgezeichnet. Die Geschichten von Nilton und Fernando fand ich am spannendsten, auch ihre Gedanken zum Fliegen. Zudem sind sie Antagonisten; der eine ein Familienmensch, besorgt um sein Nest, der andere ein Nomade, den die Gefahr lockt. Und es gibt diese Schnittstelle zwischen den beiden, der gemeinsam erlebte Entführungsversuch, bei der es um Leben und Tod ging.

 

Im Film werden die Piloten von Schauspielern dargestellt. Warum?

Eigentlich wollte ich mit den beiden Piloten drehen. Das klappte dann nicht, weil sie ihre Jobs verloren hätten, wenn sie für Monate zum Film gegangen wären. Also entschloss ich mich für Schauspieler, ohne den dokumentarischen Ansatz und die Improvisation beim Drehen aufzugeben.

 

Wie entwickelten Sie die Geschichten, die die beiden Piloten erzählen?

Am Beginn standen wie gesagt viele Stunden Gespräche mit Nilton und Fernando, deren Niederschrift das Material war, mit dem ich zu arbeiten begann. Die Monologe der beiden Piloten im Film sind von mir verfasst, ausgehend von diesem authentischen Hintergrund.

 

Welchen Stellenwert hat für Sie die Arbeit am Drehbuch?

Ich hab ja als Autor begonnen und bin erst später zur Regie gekommen. Mit dem Schreiben kann ich mich meinem Thema nähern, diese Annäherung ist das Drehbuch, eine Reflexion über das recherchierte Material und seine Umsetzung in Bilder, auch Sprachbilder.

 

Die Trennlinie zwischen Dokumentarfilm und Spielfilm ziehen Sie nicht so strikt?

Da bin ich kein Fundamentalist. 'Flieger' hat Elemente beider Genres, so wie die meisten meiner Filme. Ausgangspunkt ist und bleibt das Authentische, darauf reagiere ich. Es geht also um Gefundenes, das ich durch Erfundenes erweitere.

 

Wie lange haben die Dreharbeiten gedauert ?

Zehn Wochen, in denen wir eine große Reise durch Amazonien gemacht haben. Es ging mir auch darum, nicht nur den Urwald Amazoniens zu zeigen, der von oben wie Brokkoli in Endlosigkeit aussieht, sondern auch seine Gebirge und Savannen und immensen Flussarchipele, die Vielfalt der Landschaftsbilder im Kosmos Amazonien.

 

Der Rhythmus des Films ist langsam.

Mit Absicht. Ich will, dass meine Filme einen Atem haben, im Gegensatz zur weit verbreiteten Atemlosigkeit.